«Die Idee des Präsidenten wird das Leben der Menschen hier und weltweit verändern!» Minister Pascal Bida Koyagbele gibt sich überzeugt vom Erfolg des Bitcoin-Experiments.
Die Zentralafrikanische Republik – eines der ärmsten Länder der Welt – will mit Kryptowährungen Millionen-Investitionen ins Land holen. Doch das ist einfacher gesagt als getan.
Der Präsident hat das nicht nur für unser Land oder für Afrika gemacht, sondern für die ganze Welt!
Am Rande eines Treffens mit Bitcoinern aus aller Welt im Juni 2022 preist der Minister seinen Präsidenten Faustin-Archange Touadéra. Der Präsident der Zentralafrikanischen Republik sei ein Visionär.
Im April 2022 hat die Zentralafrikanische Republik den Bitcoin als offizielle Landeswährung eingeführt. Wenige Monate später kreierte das Land eine eigene digitale Währung – den Sango-Coin. Damit soll in einem der ärmsten Länder der Welt ein Krypto-Hub errichtet werden.
Wer virtuelle Sango-Münzen erwirbt, erhält dafür ein Grundstück im Land oder gar die Staatsbürgerschaft und muss keine Steuern bezahlen. Eine Insel im Ubangi-Fluss soll zum Zentrum des wirtschaftlichen Aufschwungs des Landes werden - zumindest, wenn man den computergenerierten Bildern glauben darf. Dazu soll die Sango-Insel auch im Metaverse, im virtuellen Raum, existieren.
Was ist Bitcoin?
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Bitcoin ist eine Kryptowährung, die im Internet existiert und auf der sogenannten «Blockchain»-Technologie basiert. Eine Blockchain kann man sich als eine Art digitale Buchhaltung vorstellen: Eine lange Liste von Einträgen, die festhalten, von welchen Konten Bitcoins (oder andere Kryptowährungen) zu welchen anderen Konten wandern.
Jeder Nutzer und jede Nutzerin mit einer an die Blockchain angeschlossenen Bitcoin-Geldbörse kann so Bitcoins senden und empfangen. Dabei wird aber nicht wirklich Geld versendet, sondern nur die Zahlen in der Blockchain angepasst.
Hinter dem Bitcoin steht kein Staat, und er wird so auch nicht von einer Zentralbank gesteuert. Der Wert des Bitcoins ist einzig das Resultat von Angebot und Nachfrage und kann stark schwanken.
Das Bitcoin-Protokoll wurde 2009 von einer Person oder einer Gruppe unter dem Pseudonym «Satoshi Nakamoto» veröffentlicht. Wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt, ist bis heute nicht bekannt.
Das Sango-Projekt ist gigantisch. Fast eine Milliarde Franken will der Staat damit einnehmen. Dieses Geld komme wiederum der Bevölkerung zugute, erklärt Minister Koyagbele: «Durch die Blockchain, durch Cryptocurrency, können wir Ressourcen generieren. Und so die Bevölkerung mit Internet, Strom und Trinkwasser versorgen.»
Bitcoins ohne Infrastruktur?
Fortschritt wäre dringend nötig in Zentralafrika. Juliette Ndakala verkauft auf dem zentralen Markt der Hauptstadt Bangui Avocados. An einem Tag verdient sie so rund zehn Franken. Damit sorgt sie für ihre Kinder. Leider läuft das Geschäft nicht: «Wir leben in einem unsicheren Land, die Leute haben kaum Geld.»
Wäre der Bitcoin die Lösung? Ndakala schüttelt den Kopf: «Ich kenne Bitcoin nicht. Ich habe noch nicht mal Mobile Money auf dem Telefon.» Dazu kommt: Sogar in der Hauptstadt ist das Mobilfunknetz äusserst schwach. Doch ohne Internet keine Bitcoins.
Milliarden-Investitionen bleiben aus
Der Infrastruktur-Ausbau werde folgen, ist der Franzose Sebastian Gouspillou überzeugt. Der Unternehmer ist einer der Krypto-Experten bei der Konferenz in Bangui. Für ihn ist der Bitcoin nichts weniger als eine Revolution.
Der Bitcoin kann die alte Ordnung auf den Kopf stellen. Die Armen müssen der Armut entkommen.
Noch immer seien 40 Prozent der Menschheit vom Finanzsystem ausgeschlossen, so Gouspillou. Das könne der Bitcoin ändern.
Doch die Sache hat einen Haken: In den letzten Monaten hat kaum jemand in Zentralafrikas Krypto-Pläne investiert. Statt einer Milliarde wurde bisher nur etwas mehr als eine Million in die Sango-Coins gesteckt. Der geplante Handel an einer Kryptobörse ist noch immer nicht möglich. Das Projekt stockt.
Zentralafrika: abgeschottet und konfliktreich
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Die Zentralafrikanische Republik ist eines der ärmsten Länder der Welt. Das Bruttoinlandprodukt pro Kopf beträgt laut Weltbank nur 461 Dollar. Das ist fast viermal weniger als im afrikanischen Durchschnitt.
Für die schlechte Wirtschaftssituation verantwortlich ist einerseits die Lage: Das Land liegt in der Mitte des Kontinents und ist durch Strassen nur schlecht erschlossen. Andererseits sorgten in den letzten Jahren ein Bürgerkrieg und diverse Rebellengruppen für eine stete Unsicherheit. Heute versucht der Staat, mit Hilfe von russischen Wagner-Söldnern für Sicherheit zu sorgen.
Dazu kommt: Zentralafrikas Verfassungsgericht hat im September 2022 den Verkauf der Staatsbürgerschaft für illegal erklärt. Die Rechtsunsicherheit schreckt Investoren ab.
Währungsunion blockiert Kryptowährung
Die wohl grösste Herausforderung: Die Zentralafrikanische Republik befindet sich in einer Währungsunion mit Nachbarstaaten. Die Länder teilen den Franc CFA. Bangui bräuchte für die Einführung einer Kryptowährung als offizielles Zahlungsmittel grünes Licht von der Zentralbank BEAC der Wirtschaftsgemeinschaft CEMAC.
Das sei sehr unwahrscheinlich, erklärt Iwa Salami, Co-Direktorin am Zentrum für Fintech der Universität East London: «Es wird interessant, zu sehen, wie Zentralafrika damit umgeht.» Im schlimmsten Fall droht der Ausschluss aus der Währungsunion.
Dabei hätten Kryptowährungen in Afrika durchaus auch ihre Vorteile, so Professorin Salami. Das bedeutet etwa, dass Menschen ohne Bankkonto dank Bitcoins künftig Geld verschicken und sparen könnten.
Bitcoins und andere Kryptowährungen haben Potenzial zur finanziellen Inklusion.
Auf dem afrikanischen Kontinent, so die Hoffnung, könnten mittels Kryptowährungen viele Menschen ans Finanznetz angebunden werden.
Doch die optimistischen Krypto-Pläne wurden in den letzten Monaten von der Realität überholt. Der Bitcoin und andere Kryptos haben im letzten Jahr massiv an Wert verloren.
Solange der Bitcoin so volatil sei, könne er im Alltag kaum verwendet werden, erklärt Fintech-Expertin Salami. Unter all diesen Umständen ist sie nicht überrascht, dass die Bitcoin-Pläne der Zentralafrikanischen Republik harzen.
Im Januar 2023 hat der Präsident Zentralafrikas zum ersten Mal seit Monaten über den Stand der Dinge informiert. Eine Gruppe von Experten aus diversen Ministerien werde ein umfangreicheres Gesetz zur Nutzung von Kryptowährungen entwerfen – um die «einmalige Möglichkeit zur wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung» nicht verstreichen zu lassen.
Doch der Alltag in Zentralafrika hat sich in den letzten Monaten nicht verändert. Obwohl das bitterarme Land einen wirtschaftlichen Impuls dringend nötig hätte. Die Krypto-Träume drohen an der Realität zu scheitern.
Author: Robert Juarez
Last Updated: 1697935202
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